Dr. Ralf G. Jahn – Der Sherlock Holmes der Genealogie
Geldern [ENA] Identität ist kein Mythos, sondern rekonstruierbar. Das zeigt Dr. Ralf G. Jahn, geboren 1965 in Geldern, Historiker und wissenschaftlicher Genealoge. Mit interdisziplinärem Ansatz und forensischer Methodik löst er historische Rätsel – unterstützt durch moderne DNA-Analyse.
Mit akademischer Tiefe verbindet Jahn klassische Quellenkritik mit molekularbiologischen Verfahren. Ob es um den Schädel Friedrich Schillers oder das Skelett eines vermeintlichen Räuberhauptmanns geht – Jahn stellt unbequeme Fragen und liefert belastbare Antworten. Seine Arbeit zeigt: Geschichte beginnt dort, wo Legenden enden. Hier trifft Wissenschaft auf Detektivarbeit.
Bekannt wurde Jahn durch seine Beteiligung am sogenannten „Schiller-Schädel“-Fall. In Zusammenarbeit mit dem MDR stellte er die Authentizität des bislang als echt geltenden Schädels Friedrich Schillers infrage. Seine Hypothese: Der Schädel stammt von einem Doppelgänger. Die Klassik Stiftung Weimar bezeichnete Jahns These als „starke Hypothese“ – eine Würdigung seiner akribischen Methodik und seines Muts zur Revision historischer Gewissheiten. Jahns Ansatz: DNA statt Legende.
Mit molekularbiologischen Verfahren und genealogischen Vergleichsdaten gelang es ihm, die Diskussion um Schillers sterbliche Überreste neu zu entfachen und die Grenzen zwischen Geschichtswissenschaft und forensischer Analyse zu verschieben. Seine These sorgte international für Aufsehen – ein Ritterschlag für einen Historiker, der sich nie mit bloßen Vermutungen zufriedengibt.
Als freiberuflicher Genealoge verfolgt Jahn Stammbäume bis ins frühe Mittelalter zurück. Seine Magisterarbeit widmete sich der antiken Genealogie – ein Bereich, in dem er bis heute als ausgewiesener Experte gilt. So rekonstruierte er etwa die Abstammung von Paris Hilton bis zu Karl dem Großen: ein medienwirksames Beispiel für seine Fähigkeit, historische Elitenforschung mit populären Narrativen zu verbinden. Seine Expertise umfasst Adelsgeschichte, Militärgeschichte, Rheinische Landeskunde und Archivkunde.
Ein weiteres Beispiel für seine Arbeit ist das Buch Napoleons Clan, in dem Jahn die weitverzweigte Familie des französischen Kaisers genealogisch aufarbeitet. Besonders brisant: Ein Kapitel widmet sich der biologischen Abstammung von Napoleon III., der laut Jahns Analyse höchstwahrscheinlich ein Kuckuckskind war – ein Befund, der die dynastische Geschichte Frankreichs in neuem Licht erscheinen lässt. Ein Großteil der genealogischen Daten musste ausgelagert werden – andernfalls hätte das Buch den Umfang verdoppelt. Es zeigt die Bonapartes als höchst erfolgreiches Familienunternehmen, dokumentiert ihr Familienstatut und analysiert ihre Heiratspolitik. Besonders betont wird der italienische Ursprung der Familie.
Seine Arbeit ist interdisziplinär. Der Molekularbiologe und DNA-Experte Walther Parson und Jahn ergänzten sich perfekt: Parson schloss den Fürstengruft-Schädel genetisch als Schillers aus – Jahn lieferte die historische Erklärung für das unerwartete Ergebnis. Derzeit beschäftigt sich Jahn mit einem Fall, der forensische Archäologie und genealogische Datenbankanalyse vereint: Das Skelett eines Mannes, der vor rund 200 Jahren hingerichtet wurde und lange Zeit als der berüchtigte Räuberhauptmann Schinderhannes galt. Neue Erkenntnisse stellen diese Zuordnung infrage.
Die DNA des Skeletts ist stark fragmentiert – eine klassische Probennahme, etwa per Wangenabstrich, kommt nicht infrage. Die Universität Innsbruck übernimmt die Analyse, doch zur Identifikation braucht es Vergleichsdaten. Jahn setzt auf genealogische Plattformen wie MyHeritage, deren Datenbanken potenziell entscheidende Hinweise liefern könnten. Das Problem: Rohdaten-Uploads sind dort heute nicht mehr möglich.
Dr. Ralf G. Jahn plädiert für eine wissenschaftliche Kooperation mit dem Ziel, die Identität des Toten zu klären und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit moderner DNA-Datenbanken unter Beweis zu stellen. „Die DNA-Forschungen sind noch nicht abgeschlossen“, erklärt Jahn. „Wir hoffen, dass wir genügend verwertbare DNA haben. Eine Lösung dürfte sich als schwierig erweisen.“ Der Fall Schinderhannes setzt auf DNA statt Legenden.
Dr. Ralf G. Jahn ist kein Mann der lauten Bühne – aber seine Fälle sprechen für sich. Sie zeigen, wie Geschichte neu geschrieben werden kann: nicht durch Spekulation, sondern durch Fakten, Daten und den Mut zu unbequemen Fragen. Neben zahlreichen Gutachten und Ortschroniken veröffentlichte Jahn auch das Buch Das Schicksal von Schillers Schädel, das die Hintergründe der MDR-Dokumentation aufarbeitet. Die FAZ bezeichnete ihn als „Sherlock Holmes der Genealogie“ – ein Titel, der seinem investigativen Stil gerecht wird.




















































