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Ceconomy Hauptversammlung und Geschichte 14.02.2024

Verantwortlicher Autor: Uwe Hildebrandt Essen, 08.02.2024, 13:16 Uhr
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Eine der letzten Präsenzveranstaltungen der Ceconomy AG
Eine der letzten Präsenzveranstaltungen der Ceconomy AG  Bild: Uwe Hildebrandt

Essen [ENA] In Kürze ist es wieder soweit: Die Hauptversammlung von Media Markt/Saturn sprich Ceconomy AG steht als sogenannte Präsenzveranstaltung erstmals in den Messehallen Essen Grugapark an. Und das nach langer Durststrecke als vorherige Online – Veranstaltungen.

Unter dem Vorsitz von Karsten Wildberger wird diese Hauptversammlung über die Bühne gehen. Und wie schon bei allen anderen Versammlungen werden wieder die Kennzahlen präsentiert, die im abgelaufenen Geschäftsjahr natürlich wieder positiv zu Buche geschlagen sind, leider aber wieder einmal keine Dividendenauszahlung erlauben, und dann das große warum und weil. Corona, Russlandgeschäfte, Geschäftsschließungen im Ausland, Transformation, Umstrukturierungen, hohe Abschreibungen, es gab bisher immer einen oder mehrere Gründe, warum letztlich doch trotz der guten Kennzahlen irgendwie das Geld knapp war.

Wahrscheinlich wird es dieses Jahr an der Einführung der Innovation KI im gesamten Marktgeschäft gehen, das natürlich extreme Kosten und Entwicklungs- und Aufbauarbeit erfordert und kostet. Sei´s drum. Ein bekannter Marktanalyst hat mal in den Anfängen der Coronazeit, wo die Aktien unter 2 Euro gefallen waren, gesagt, die Aktienhalter von Ceconomyaktien, die diese seit der Trennung Metro / Ceconomy haben, werden ihren Wert nie wieder erreichen. Mit Ceconomyaktien könne man keine Gewinne einfahren, sondern nur Verluste machen (langfristig gesehen). Seine Worte.

Nun, viele Aktionäre kennen ja nicht die Geschichte des Media Marktes VOR der Umwandlung in eine AG. Der Ceconomy Aktienkurs hatte 1999 seinen Höchstwert mit 22.43 Euro, seinen Tiefstpunkt hatte er Mitte 2022 mit nur noch 1.16 Euro. Am 13. Juli 2017 zeichnet die Ceconomy als Bündelung der Unternehmen Media Markt / Saturn im Bereich Consumer-Electronics erstmals eigenständig als AG. Seit 2018 kannte die Aktie n nur einen Weg: Den nach unten. Aber der Media Markt hatte ja schon früher Probleme, Rendite zu machen. Die größte Strategie ab Beginn der Gründung des Media Marktes war es gewesen, die Preisführerschaft zu erreichen und zu behalten.

Der Preis stand bei allen Werbungen und Aktionen immer im Mittelpunkt mit Aktionen wie: Bester Preis der Stadt, bester Preis der Region usw. Dann gab es ein Tiefpreisgesetz, das die Mitarbeiter in Form eines kleinen roten Büchleins immer bei sich tragen mußten. In dieser Zeit wurde auch die Mwst – Aktion geboren, keiner sollte auf Produkte die Mwst zahlen, was die Häuser voll machte, heute undenkbar. Damals gab es aber auch viel Kritik an der Aktion, es wurde von Kunden behauptet, vorher seien die Preise teilweise angehoben worden, das wurde immer von den damaligen Konzernsprecher zurückgewiesen.

Seit Beginn des Onlinezeitalters, den der Media Markt verschlafen hatte, versuchte der Konzern noch, Paroli zu bieten und selbst Onlinepreise mitzumachen, wenn diese aktuell waren. Da das aber zu viel Geld kostete, wurde das später eingeschränkt auf namenhafte Onlinehändler wie Amazon oder billiger.de, dann ganz fallen gelassen. Die Firma versuchte nun, mit Eigenmarken von Produkten, die durch eigene Bezeichnungen nun nicht mehr verglichen werden konnten, das Preisproblem zu bereinigen. KOENIC, ISY, PEAQ und OK wurden etabliert. KOENIC als Premiummarke und OK als preiswerte Marke; wer hinter den Produkten wirklich stand, konnte nicht immer ermittelt werden.

Dazu setzten zwei neue Strategien ein: Plötzlich war der Preis, wir erinnern uns: Geiz ist geil – Saturn – Spruch, nicht mehr im Vordergrund; nein, die Qualität der Beratung, der Service, all das, wo Onlinehändler nicht punkten konnten, wurde in den Vordergrund gespielt und mit massiven Schulungen der Mitarbeiter unterstützt. Es war die Zeit, wo in den Media Märkten die Produktmanager geboren worden sind, die über einen Crashkurs und anschließender IHK Prüfung ein Produktmanager – Zertifikat erhielten, manche vom Media Markt, manche von der IHK. Dies sollte die besondere Verkaufsbefähigung dokumentieren.

Aber gerade die jüngeren Kunden, auf die der Media Markt schon immer mit Innovationen und Produkten gesetzt hat, sind und waren schon damals preissensitiv und blieben teilweise weg. Es mußten weitere Lösungen her, um Kunden zu binden, um Kunden etwas besonderes zu bieten, Und hier wurden alle möglichen Dinge ausprobiert, teils kostspielig und dann als Flopp wieder verschwunden: Das Zeitalter der Zusatzgarantien war geboren. Ein ertragreiches Mittel, nein, natürlich keine Versicherung : : ) ), erst von externen Firmen angeboten, dann in Eigenregie, dann kamen Stromvertragsverkäufe, Startklar – Services (Einrichtungsservice), jahrelangen 0 % Finanzierungen, die dann später nur noch selten 0 % waren.

Dann kamen sogenannte Absicherungen gegen Zahlungsunfähgkeit bei den Finanzierungen dazu, zwischendurch wurde eine eigene Kaffeemarke etabliert, die aber doch nicht so einschlug sondern eher ein Flop wurde. Ich kann die ganzen Aktionen und Maßnahmen, die ergriffen wurden, um irgendwie die Marge zu erhöhen durch Service und Dienstleistungen, gar nicht alle aufzählen, es waren viele. Einer der größten Coups war die Einführung einer Clubkarte. Damit das Ganze für den Kunden attraktiv war, wurde n dem Kunden Geschenke gemacht, beim ersten , dritten, 6. 10. und 15. Einkauf erhielt er ein Geschenk an der Kasse, je teurer er einkaufen tat und je öfter, desto wertiger war das Geschenk. Dazu gab es Sonderverlosungen an den Kassen.

Wo plötzlich eine Anzeige Aufploppte und der Kunde einen fetten Gewinn bekam. Dazu bekam jeder Kunde mit Clubkarte zum Geburtstag einen Einkaufsgutschein von 10 Euro, und viele Clubaktionen gab es obendrauf. Die Clubkundenanzahl stieg rasant an, klar, jeder wollte profitieren, doch die Kosten schossen in die Abermillionen, letztlich untragbar. Was damals explizit ausgeschlossen wurde, von wegen Punkte sammeln um dann etwas eintauschen zu können, nein, man wolle dem Kunden gleich etwas geben, ist genau das System, was heute im Mediamarkt etabliert ist. Das System Geschenke und Co. wurde nach Jahren wegen unbezahlbar wieder abgeschafft und ein Punktessystem entwickelt, das eben andere auch machen.

Je nach Einkauf Punkte auf das Kundenkonto gutgeschrieben werden, die einen Geldwert haben. Ich will jetzt nicht noch weiter ins Detail gehen, ich wollte einfach mal für diejenigen, die dieses Insiderwissen nicht haben, zeigen, das der Media Markt eigentlich seit Beginn des Onlinezeitalters nur noch mit Margenproblemen zu kämpfen hatte und alles erdenkliche bis heute versucht hat, das zu kompensieren. Auch heutzutage hat der Vorstand erkannt, das der richtige Schlüssel offensichtlich mit Beratungsqualität, Service, Kundenbetreuung , die richtigen Waren und kein Massenaufbau, sprich vielen Dienstleistungen wie Handyreparaturen im Markt, Einrichtung von Handys und Laptops oder Ankauf von alten Handys direkt im Markt per Maschine ist.

Produkte kaufen kann man überall, den besten Preis hat der Media Markt nicht, also kann nur der Service punkten. Eines der Serviceleistungen ist das Tragen eines Firmenhandys bei jedem Mitarbeiter, der sofort auf Bestände, Beschreibungen, Bestellmöglichkeit und Infos für den Kunden bei Bedarf im Handy zugreifen kann. Und das soll jetzt mit der Einführung von KI nochmals erweitert werden. Trotz dieser vielen Maßnahmen scheint es dem MediaMarktSaturn nicht zu richtig gut zu gehen, nicht zuletzt beweisen das ja auch die Aktienwerte. Herr Wildberger hat Mitte Januar nun einen Vorstoss in Sachen Ladenschluß gewagt, den schon viele probiert haben und wir sehen ja beispielsweise bei Karstadt / Galeria Kaufhof, wohin das geführt hat.

Er sieht weiteres Potential in regulären Sonntagsöffnungen. Es gäbe eben Kunden, die gerne auch Sonntags einkaufen würden, und diesen müsse man auch Rechnung tragen. Er wolle dabei ja nicht, das gleich alle Filialen öffnen sollten, man müsse einfach beobachten und analysieren, wo es angenommen würde und wo nicht. Apropo Analyse: Eigentlich müßte Herr Wildberger doch auch aufgrund seiner Backgroundgeschichte mit Sonntagsöffnungen Erfahrungen gesammelt haben, aber ich wundere mich immer wieder, warum es diese Vorstösse gibt; und immer wieder gibt es die gleichen plausiblen Gründe, warum das nicht gemacht werden sollte.

Offensichtlich weiß Herr Wildberger nicht allzu gut in der Geschichte des Media Marktes Bescheid: Es gab nämlich schon einmal mehrere Jahre Sonntagsöffnungen, sogar dazu Sonderöffnungen an den Adventssamstagen bis 22.00 Uhr. All das wurde wieder eingestampft weil es sich eben nicht gelohnt hat und teilweise die Anzahl des Personals der Anzahl der Kunden entsprach. Zudem fand man heraus, das viele Kunden den Sonntag zum Bummeln und Anschauen/Beraten, aber weniger zum Kauf genutzt hatten. Und das Thema, das Kunden Sonntag einkaufen wollen: Sie müssen es nicht, sie brauchen es auch nicht und um Mitternacht oder 3 Uhr morgens finden sich auch Kunden, die einkaufen wollen.

Dazu kommen die berechtigten Bedenken der Kirchen, dazu kommt die Regelung einer 5 Tage Woche, was dann bedeutet, die Mitarbeiter müßten 2 Tage in der Woche frei haben, was die Personaldecke noch mehr ausdünnen würde und dazu kommen die berechtigten Bedenken der kleinen Geschäfte, die aus Kostengründen und Personalgründen keine Sonntagsöffnung machen könnten und somit eine Wettbewerbsverzerrung stattfindet. Und so ganz nebenbei am Rande: Das er eine staatlich bezahlte Prämie befürwortet, die dann eintritt, wenn ein Kunde ein Gerät mit hohen Energieverbrauch gegen ein neues mit wenig Energieverbrauch tauscht, ist mir klar, ich nenne das Umsatz auf Kosten des Steuerzahlers.

Wie wäre es denn, wenn der Media Markt Rabatte gewährt, wenn ein solches Kaufinteresse vorliegt, Herr Wildberger ? Herr Wildberger weiß natürlich ganz genau, das Personalkosten am Sonntag mit 100 % Aufschlag zu vergüten sind. Letztes Thema Media Markt regional. Genau gesagt Göttingen. Wir haben ja in Göttingen seit über 25 Jahren einen Media Markt etwas ausserhalb der Innenstadt, dazu hatten wir über 10 Jahre an einer zentralen Innenstadtbushaltestelle einen Saturn Markt, der wurde aber geschlossen. An anderen Ende der Stadt gibt es ein großes Einkaufszentrum, dort befand sich ein real – Markt und ein Elektronikmarkt Expert – Herfag.

Real hat ja geschlossen, und letztes Jahr bekam der Elektronikmarkt zu seiner Verwunderung keine Verlängerung seines Mietvertrages und mußte raus. Keiner wußte warum, es gab auch keine Begründungen. Jetzt ist klar, warum das so ist: Der Media Markt will eine Filiale im Einkaufzentrum einrichten, erste Um- und Einbauten laufen schon, zum Sommer soll die Filiale eröffnen. Das macht doppelten Sinn: Damit hat der Media Markt als einziger Elektronikmarkt in Göttingen eine gewisse Monopolstellung, dazu hatte der Media Markt vor Jahren ein Zentrallager in der Nähe von Göttingen erbaut womit nun beide Märkte schnell und kostengünstig beliefert werden können. Ob allerdings der alteingesessene Media Markt wirklich auf lange Zeit weiterläuft ?

Das sei erst einmal dahingestellt. Denn: Im Gewerbegebiet Weende, so nennt sich das, ist der dortige real – Markt auch geschlossen, das Reno – Schuhzentrum ist weg und ein großer Stoffeinzelhandel ist weg – damit ist die Attraktivität dieser Region deutlich gesunken, während man im Einkaufszentrum an der Autobahn über 80 Geschäfte aller Art vereint hat. Nicht nur insofern spricht einiges dafür, das die Wochen des Marktes gezählt sind, sondern auch die Verkleinerung der Verkaufsfläche um gut 25 %, dazu die Schließung der Ausgabe der Onlinebestellungen.

Das war jetzt mal ein Rundumschlag in Sachen Media Markt. Aber ob am Ende des Tunnels Licht ist oder ob der Tunnel am Ende zu ist, das werden die nächsten Monate oder Jahre zeigen. Und woher stammen die Informationen ? ich war selber 24 Jahre in einem Media Markt in versch. Positionen tätig.

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