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SchweizTicket - Plädoyer für Nachhaltigkeit

Verantwortlicher Autor: Stephan Zurfluh Zürich, 11.06.2024, 17:36 Uhr
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Zürich [ENA] Der öffentliche Verkehr in der Schweiz ist ein Erfolgsmodell. Dieser hat auch seinen Preis. Vom Bundesamt für Verkehr wird vor allem für den Fernverkehr Rendite gefordert, während für den Regionalverkehr insbesondere die Versorgungssicherheit angestrebt wird. Doch über die Hälfte der Bevölkerung nutzt den öffentlichen Verkehr wenig. Könnte ein SchweizTicket etwas ändern?

Vor allem auf dem Land verfügen S-Bahn und Busse über genügend freie Plätze. Also könnte doch “das SchweizTicket” wunderbar funktionieren. Analog zum DeutschlandTicket sollten auch hier für monatlich CHF 49,- alle lokalen Züge und Busse genutzt werden. CHF 49,- kostete es demnach beispielsweise, indem zweimal von Baden nach Zürich und zurück nach Baden gefahren würde. Bei einem solchen Preis würde sich ein solches Ticket bestimmt als Renner offenbaren. Wer jedoch viel fährt und bequem unterwegs sein möchte, zahlt für die Nutzung des Fernverkehrs weiterhin höhere Preise.

Im öffentlichen Verkehr überzeugt die Schweiz mit Topleistung: Dichte Fahrpläne, nahezu jeder Ort kann stündlich erreicht werden, die Züge sind pünktlich und sauber, die Bahnhöfe gepflegt. Eine Stellungnahme der SBB blieb bislang aus, aber deren Mitarbeiter verwiesen auf die Pressestelle. Alliance Swisspass, der offizielle Ansprechpartner, verweist auf das Erfolgsmodell Schweiz. Der TCS schweigt zum Thema. Der VCS hat ausführlich die Problematik beschrieben.

Gesprächig erlebte ich einige Reisende. Dabei entgegneten manche: Wir werden wahrscheinlich den öffentlichen Verkehr wieder mehr mit unseren Steuern subventionieren müssen, der SVP Verkehrsminister verfolgt eine andere Politik als sein Vorgänger. Oder manche auch: Junge Leute bis 25 Jahren können für CHF 99,- jährlich das “GA Night - das Jugendabo für Nachtschwärmer:innen” erwerben. Damit haben sie nach 19 Uhr schweizweit freie Fahrt. Mit über 25 kann man nur noch das relativ teure GA für CHF 3995,- beziehen. Und die neuen Spartarife sind schwierig zu verstehen.

Selbstverständlich sollten Leistungen angemessen honoriert werden, und in Vergleichsrechnungen erweist sich ganz klar der öffentliche Verkehr als vorteilhafter gegenüber dem Auto. Allerdings bevorzugen die meisten Autofahrer jene Unabhängigkeit durch Fahrzeuggebrauch gegenüber der Nutzung der ÖV. Überdies rechnen Autofahrer als Kosten oft nur den Benzinpreis an. Steuern für den öffentlichen Verkehr zahlt jedoch die gesamte steuerpflichtige Bevölkerung. Denn für viele öffentliche Güter könnten ansonsten keine kostendeckende Preise durchgesetzt werden. Würden dem ÖV nicht alle mittels Steuern beisteuern, könnten ihn nur wenige nutzen, weil die entsprechenden Nutzerkosten in die Höhe schießen würden.

Deutschland vermochte zwar, das DeutschlandTicket einzuführen, doch auch hier wird um Finanzen gestritten. Zumal die Abos zuvor in vielen Verkehrsverbünden teurer waren und daher den Betrieben mehr einbrachten. Dadurch sind auch an Wochenenden einige Strecken überlastet. Dazu kommen der Lokführermangel und steigende Kosten. Was ist uns unsere Nachhaltigkeit wert? Was wird, wenn weniger Autos unterwegs sind? Mehr Platz zum Flanieren! Kein Stress auf der Parkplatzsuche! Mehr Stille! Ein SchweizTicket dieser Art fachte sicherlich weiter Diskussionen darüber an, wie viel uns der öffentliche Verkehr kosten darf. Andererseits bedeutet Nachhaltigkeit so vielleicht auch, weniger und bewusster zu reisen.

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