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Was Sie schon immer über das "Z" wissen wollten!

Verantwortlicher Autor: Herbert J. Hopfgartner Salzburg, 24.05.2022, 15:55 Uhr
Fachartikel: +++ Kunst, Kultur und Musik +++ Bericht 15883x gelesen

Salzburg [ENA] Gewiss, die rätselhaften „Z” auf russischen Militärfahrzeugen scheinen etwas zu bedeuten: Ist es schlicht und einfach ein schnell aufgepinseltes Erkennungsmerkmal, um „friendly fire“ zu verhindern und eigene von gegnerischen Konvois zu unterscheiden? Oder besagt das Schriftzeichen etwas anderes, viel Geheimnisvolleres? Irritierend ist, dass es den Buchstaben im Russischen gar nicht gibt.

Die Kraft der Symbole: Ursprünglich erscheint das Zeichen („Ze“) in der „bildhaft-kanaanäischen Alphabetschrift“ (auch „protosinaitischen Schrift“), die vermutlich von Wanderarbeitern aus der Zeit um 1900 v.Chr. entwickelt wurde. Es stellt sinnbildlich eine Stichwaffe dar. Im Phönizischen, einer linksläufigen Konsonantenschrift, und in der Folge auch im Hebräischen wurde das Zeichen „Ze“ zum „Zajin“ („Sajin“) mit dem Zahlenwert 7, einem Symbol für den Gegensatz von Kosmos und Welt. Im Tarot zeigt die siebte Trumpfkarte den Streitwagen – ein Attribut des Sieges. „Zajin“ bezeichnet weiterhin ein Schwert, wobei die Form unschwer an ein Kriegswerkzeug bzw. Kampfgerät erinnert.

Die phallische Form der Hiebwaffe ist möglicherweise der Grund, warum „Zajin“ auch als vulgärer Ausdruck für den Penis gebraucht wird. Als „Zeta“ erreicht der Buchstabe in der Folge das griechische Alphabet, im ersten nachchristlichen Jahrhundert schließlich wird das Z und das Y von den Römern in das Lateinische übernommen – griechische Wörter und Eigennamen konnte man so richtig wiedergeben. Von der äußeren Form her kippte das dem „I“ ähnliche Zeta nach rechts – vielleicht war es dem „Iota“ zu ähnlich, -- auf jeden Fall schrieb man damit wesentlich gewandter.

Alpha und Omega: Der erste und der letzte Buchstabe umfassen das griechische Alphabet und nach Ludwig Wittgenstein („Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“) wohl auch die hellenische Kultur. In der modernen, lateinischen Buchstabenfolge sowie im Deutschen ist nun das Z an die letzte Stelle gerückt. Die Redensart „Von A bis Z“ stammt aus dem schulischen Elementarunterricht und übernimmt das biblische Vorbild („Ich bin das A und das Ω, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende“, Offb 22,13).

Ist die Deutung, wonach das Z auf den russischen Panzern ein apokalyptisches Ende für die Ukraine bedeuten soll, wirklich eine seriöse Auslegung? Wohl kaum. Dass das russische Verteidigungsministerium das (für sie fremde) Schriftzeichen als Abkürzung „für den Sieg“ (russ. „за победу“) oder „für die Wahrheit“ (russ. „за правду“) ableitet, verunsichert: „Für“ wird im Kyrillischen mit dem Zeichen „З“, das aus dem glagolitischen Alphabet, der ältesten slawischen Schrift, zu kommen scheint, geschrieben, der „Sieg“ (russ. „побе́да bzw. „торжество́“) und die „Wahrheit“ (russ. „Правда“) kommen ebenfalls ohne ein Z aus.

Im Zeichen des Zorro: Zorro, span. „zorro“ = „Fuchs“, ist eine Romanfigur des US-amerikanischen Autors Johnston McCulley aus dem Jahr 1919. Dass zur selben Zeit in Charkow die „Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik“ proklamiert wurde, nachdem bolschewistische Truppen Kiew erobert hatten, darf hier lediglich als Zufall gelten… Johnston McCulley schuf mit der Romanfigur Zorro eine Art Robin Hood der amerikanischen Westküste. In Kalifornien des frühen 19. Jahrhunderts schlüpfte der biedere und unpolitische Edelmann Don Diego de la Vega in die Rolle des Rächers, wobei er im schwarzen Umhang, mit Degen (!) und mit Maske gegen Ungerechtigkeit und die mutwillige Überschreitung des Gesetzes durch Reiche und Mächtige auftrat.

Er hinterließ bei seinen Opfern ein in die Haut geritztes und blutiges Z als Signum, Schandmal bzw. als stigmatisiertes Zeichen der Bestrafung. Auch Hollywood beschäftigte sich eingehend mit dem Motiv: Der Blockbuster-Film „Word War Z“ (2013), mit Brat Pitt in der Hauptrolle, dürfte als Erklärungsmodell ebenfalls ausfallen, auch wenn in manchen Kreisen das Gegenteil behauptet wird. In Philadelphia (Pennsylvania) bricht eine Zombie-Pandemie aus, die in kürzester Zeit die ganze Welt befällt. Nach dem Biss eines Zombies mutiert das Opfer binnen weniger Augenblicke ebenfalls zu einem untoten Monster.

Schlussendlich (und als Rettung für die gesamte Menschheit) injiziert sich Gerry Lane, der Held, die Probe einer scheinbar tödlichen Krankheit, um ein Gegenmittel für die Seuche zu finden, die die Zombies erfasst hat. Überrascht und erleichtert stellt er fest, dass sich die Zombies nun für ihn nicht mehr interessieren und sie ihn vielleicht gar nicht mehr wahrnehmen. Bezüglich einer Pandemie zeigte sich die Entertainment-Industrie hellseherisch, glücklicherweise aber nicht in dem Ausmaß der Infektionskrankheit!

Militärisches und Strategisches: Schon in den letzten Weltkriegen war es üblich, Erkennungszeichen respektive Möglichkeiten zur Identifikation von Soldaten und militärischem Gerät zu schaffen. Sinn und Zweck war es, gegnerische von eigenen Truppen schnell und eindeutig unterscheiden zu können. „Taktische Zeichen“ wurden zudem als Embleme verstanden, die eine organisatorische Zugehörigkeit (Waffengattung) dokumentierten. Heraldische Motive, stilisierte Schriftzeichen oder Runen haben in der Vergangenheit nicht nur der Orientierung (der Erkennung eigener Einheiten und Truppenverbände), sondern natürlich auch dem Kameradschaftsgeist bzw. der Verbundenheit mit der militärischen Allianz gedient.

Ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl und ein unbedingter Wille gehören nach wie vor zu wichtigen soldatischen Werten. Möglich und denkbar ist aber auch, dass die „Beschriftung“ der Fahrzeuge für die Destination bzw. den Einsatzort der verschiedenen Konvois steht. Demnach müssten in einem Frontabschnitt gleich-gekennzeichnete Einheiten zu finden sein. Überprüfen lässt sich diese Theorie jedoch nicht - in kriegerischen Auseinandersetzungen werden strategische und taktische Entscheidungen grundsätzlich nicht publik gemacht...

Eine weitere These beschäftigt sich mit der Herkunft der soldatischen Einheiten. Während „O“ für Belarus und „V“ für die russischen Marineeinheiten steht, soll „X“ bedeuten, dass es sich hierbei um Truppen von Ramzan Kadyrov handelt, der noch 2014 erklärte, dass es „Aufgaben gebe, die keine Luftwaffe, keine Marine, keine Armee und keine Nuklearwaffen, sondern nur Freiwillige bewältigen könnten.“ Überdies seien seine Soldaten die „Infanterietruppen Putins“. Das „Z“ schließlich würde für militärische Einheiten gelten, die aus dem Osten Russlands in die Ukraine geschickt wurden. Auch diese Annahme lässt sich nicht verifizieren.

Ein Buchstabe – mehr als ein Symbol: Gemeinhin ist ein Emblem, Logo oder Firmenzeichen das Gesicht oder „Aushängeschild“ eines Unternehmens – oder eben einer Armee; immerhin zeigte das Wappen schon vor Jahrhunderten an, was man „im Schilde führte“. Ganz allgemein wird ein Signum, Symbol, oder eine Marke („Corporate Identity“) wahrgenommen, wiedererkannt und erlangt allein schon deshalb reale Bedeutung – im Frieden durch die Unverwechselbarkeit der sich konkurrierenden Produkte, im Krieg durch die Unterscheidbarkeit der rivalisierenden Kriegsparteien.

Durch die Verwendung eines Sinnbilds oder einer Flagge auf T-Shirts, als Schmuck oder Abzeichen zeigt der Träger zwar seine Solidarität mit dem jeweiligen Gedankengut – aus der wohldosierten und sicheren Entfernung kann er ein politisches Anliegen oder gar einen Krieg jedoch wohl kaum beeinflussen. Da es in Kriegszeiten schwer ist, Wahrheit von Propaganda zu trennen - und überdies ein Chauvinismus rasch und vielerorts zum Vorschein kommen kann, ist Vorsicht und Achtsamkeit hinsichtlich einer vorschnellen Identifikation mit einem Symbol anzuraten.

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