Deutsche Romantik im Museum in Frankfurt
Frankfurt am Main [ENA] Das Deutsche Romantik-Museum in Frankfurt am Main präsentiert Objekte aus Kunst, Kultur und Politik und widmet sich der Epoche der Romantik als Ganzes. Der technische Fortschritt brachte Ende des 18. Jahrhundert gesellschaftliche Veränderungen hervor.
In Frankreich führte die Aufklärung 1789 zur französischen Revolution. In der Kunst widerspiegelt sich die neue Zeit. Emotionen werden offen gezeigt. Goethe lässt den jungen Werther über seine Gefühle sprechen. Caspar David Friedrich präsentiert Landschaften und Meerblicke und berührt das Gemüt. In der Romantik löst sich der Künstler*in von seinem Handwerk. Kunst ist mehr als Farben und Pinselführung. Akademien bilden „frei Künstler“ aus. Die Frauen hatten noch keinen Zugang in die Akademien. Der Künstler wählt seine Kommunikationsform, drückt sein Konzept der Wahrnehmung in seinem Kunstwerk aus. Beispiel: Caspar David Friedrich, Weidengebüsch bei tiefstehender Sonne. Friedrich lässt den/die Betrachter*in direkt in die Sonne blicken.
In der Literatur gehören Poesie, Liebesroman und Volksmärchen zu den beliebten Genres. In der Philosophie und Naturwissenschaft genießen Johann Gottlieb Fichte, Friedrich und August Wilhelm Schlegel, Clemens Brentano, Novalis (Friedrich von Hardenberg) und Johann Gottfried Herder ein hohes Ansehen. 1803 gab Friedrich Schlegel (1772-1829) die Zeitschrift „Europa“ in Paris heraus. In ihr erscheinen Aufsätze zum Stand der Wissenschaften und der Künste in der Zeit der Aufklärung. Der Artikel „Über Literatur, Kunst und Geist des Zeitalters“ fasst die Vorlesungen von August Wilhelm Schlegel, die er 1802 in Berlin gehalten hat, zusammen. Fantasie und Gemüt bestimmen die erfolgreichen (Liebes-)Romane und (Ritter-)Schauspiele der Romantik.
„Die Leiden des jungen Werthers“ und „Götz von Berlichingen“ von Goethe oder „Die Räuber“ von Schiller sind bekannte Beispiele der Sturm und Drang Epoche bzw. der Klassik, die aber auch aus der europäischen Perspektive zur Romantik gehören. Das Prinzip: die Wissenschaft leitet, die Dichtkunst beseelt, trägt die Werke der Romantik. Friedrich Schlegel schreibt: „Die Poesie ist die Sonne, in die sich alle Planeten der Kunst und Wissenschaft auflösen.“ Der Roman "Godwi oder Das steinerne Bild der Mutter" von Clemens Brentano enthält das bekannte Gedicht von der Lore Lay. Violette singt das Lied: „Zu Bacharach am Rheine wohnt eine Zauberin, sie war so schön und feine und riß viel Herzen hin.”
Joseph von Eichendorff (1788 – 1857) dichtet 1835: „Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort“. Friedrich Schlegel und Dorothea Veit hatten eine Liebesbeziehung, die gegen die gesellschaftlichen Normen verstieß, da Dorothea Veit noch verheiratet war. Die freizügige Beziehung des Paares wurde im Roman „Lucinde“ 1799 geschildert. Lucinde war ein Skandal, der die Gemüter der konservativen Kreise bewegte. Madame de Steal, eine französische Schriftstellerin, die mit ihrem Roman „Delphine“ 1802 bei Napoleon in Ungnade fiel. Sie musste Frankreich verlassen und hielt sich mehrere Jahre in Deutschland auf. August Wilhelm Schlegel stand ihr als Berater zur Seite.
Sie lobte in in ihrem Buch „De l’Allemagne“ die deutsche Dichtung. Über Schiller schreibt sie: „Schiller präsentiert die tiefsten Betrachtungen niemals anders als in erhabene Bilder gehüllt: Er spricht zum Menschen wie die Natur selbst: denn die Natur ist zugleich Denkerin und Dichterin. Um die Idee der Zeit zu malen, lässt sie die Wasser eines unerschöpflichen Flusses vor unseren Augen fließen; und damit ihre ewige Jugend uns über unsere flüchtige Existenz nachdenken lässt, kleidet sie sich in Blumen, die vergehen müssen, sie lässt die Blätter im Herbst von den Bäumen fallen, die der Frühling in all ihrer Pracht sah.
Die Dichtung muss der irdische Spiegel der Göttlichkeit sein und durch Farben, Klänge und Rhythmen alle Schönheiten des Universums widerspiegeln.“ Quelle: Seite 232 in Madame de Stael, De l’Allemagne I. Flammarion, 2024, eigene Übersetzung. Collage ausgewählter Künstler*innen der Romantik: Obere Reihe von links nach rechts: Friedrich Schlegel, August Wilhelm Schlegel, Rahel Varnhagen, untere Reihe: Germaine de Stael, Bettine von Arnim, Maximiliane, Armgart und Gisela von Arnim.
Ludwig Tiek schrieb den Liebesroman „Des Lebens Überfluss“. Der Bürger Heinrich entführt und heiratet eine Adlige. Die Liebe zueinander ist so groß, dass sie alle Entbehrungen auf sich nehmen, nur um Zusammensein zu können. Die Geschichte illustriert die Radikalität des romantischen Liebesmodells. Rahel Varnhagen von Ense unterhielt einen der wichtigsten Salons und bildete ein geistiges Zentrum Berlins.. Zu ihren Gästen des Salons zählten u.a.: Clemens und Bettina von Brentano, Jean Paul, Prinz Louis Ferdinand von Preußen, Heinrich von Kleist, die Brüder Schlegel, Wilhelm von Humboldt, Ludwig Tieck, Friedrich Schleiermacher, Heinrich Heine, Mitglieder der Familie Mendelssohn, Johann Gottlieb Fichte.
Rahel Varnhagen korrespondierte mit den bedeutenden Denkern, Künstlern, Schriftsteller*innen der Romantik. Die Briefe und Aufzeichnungen sind im „Buch des Andenkens“ von Rahel Varnhagen veröffentlich. Sie war auch politisch aktiv und nahm an dem Wiener Kongress (1815) teil. Sie war eine glühende Goethe-Verehrerin und propagierte dessen Werke. Goethe zeigte sich von ihr beeindruckt und nannte sie eine „schöne Seele“. Sie konvertierte als Jüdin 1814 zum Protestantismus. Hannah Arendt bezieht sich auf Rahel Varnhagen, die sich für die Frauenrechte einsetzte. Sie lehrt sie, dass Selbstfindung nur mit anderen Menschen zu erreichen ist. Andere Menschen sind keine abstrakten Wesen, sondern konkrete Personen im historischen und sozialen Dasein.
Die Themen sind: jüdische Identität, Assimilation, Emanzipation und das Konzept der "Paria"-Existenz. Hannah Arendt unterscheidet zwischen dem "Paria" (dem Rechtlosen) und dem "Parvenü" (dem Emporkömmling, der versucht, sich anzupassen). Rahel Varnhagen wurde von Arendt als Parvenü bezeichnet wegen ihrer Assimilation und ihrer Konvertierung. Eine weitere Schriftstellerin der Romantik war Gisela von Arnim (1827- 1889), die jüngste Tochter der Schriftstellerin Bettina von Arnim, geborene Brentano. Sie schrieb das gesellschaftskritische Märchen „Liebe überwindet Kartoffelbrei“, das eine Satire auf den preußischen König Friedrich Wilhelm IV ist.
In der Einleitung schreibt Bettina von Arnim: „Soll der Adel Euch adeln – so mach er statt Luxus-Anlagen von Tempel und Grotte und tanzenden Wassern, - Anlagen für Heimatlose, und sein Sommerplaisir, die englische Hütte mach er zur deutschen Hütte, worin deutsche Armut sich erholt; den englischen Rasen teil er aus zu Feldern für Kartoffel und Brot …“ Die Romantik war mit den Freiheitskriegen gegen Napoleon (1813-1815) zu Ende. Was in der Ausstellung fehlt, sind die politischen, historischen Zusammenhänge. Die politische Seite der Romantik ist nur am Rande erkennbar. Nach der französischen Revolution gab es auch Freiheitsbewegungen in Deutschland.
Die Liberalen und national Denkenden versuchten, politischen Einfluss gegenüber dem Adel zu gewinnen. 1819 erfolgten als Gegenreaktion der Aristokraten die Karlsbader Beschlüsse. Diese setzten die Pressezensur in Kraft. Turnerverbände und Studentische Vereinigungen wurden verboten. Die Universitäten wurden überwacht und viele Professoren, die die nationale und liberale Idee vertraten wurden entlassen. Das ist die Zeit Fürst Metternich. Die Aristokraten agierten politisch im Sinne des Wiener Kongresses (1815) und setzten die Wiederherstellung der alten Gesellschaftsordnung in Gang. Quellen des Artikels: Deutsches Romantik-Museum, Großer Hirschgraben 21, 60311 Frankfurt am Main, https://deutsches-romantik-museum.de/




















































