Impfplan in Österreich
Österreich/Wien [ENA] Wieder einmal läßt der Österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz seinen Gesundheitsminister Rudolf Anschober eiskalt auflaufen. Zuerst der Alleingang des Kanzlers mit den Massentests im Dezember und jetzt die Ankündigung des vorgezogenen Impfstarts, ohne die im TV unglücklich agierende Sektionschefin Anschobers zuvor in Kenntnis gesetzt zu haben – von „Schulterschluss“ oder Zusammenarbeit war keine Rede mehr.
Damit hat er die Sektionschefin ins offene Messer geschickt. Herumliegende, ungenutzte Impfdosen sorgten zu Beginn der Woche für Entrüstung und brachten die gesamte Regierung unter Druck (ZackZack berichtete). Am Dienstag sollte sich das Gesundheitsministerium dann bei Armin Wolf in der „Zib2“ erklären. Doch das ging nach hinten los. Denn wenige Stunden zuvor war in der „Krone“ ein bemerkenswerter Artikel erschienen, der plötzlich einen ganz neuen Impfplan präsentierte. Laut dem Bericht werde heute mit dem großflächigen Impfen begonnen.
Doch die Sektionschefin im Gesundheitsministerium war in den Plan nicht eingeweiht gewesen und tappte im „ZiB2“-Interview im Dunklen. Sie vermittelte den Eindruck einer unfassbaren Planlosigkeit im Gesundheitsministerium. Von der Sitzung im Kanzleramt am Dienstagabend wusste sie auch nichts. Dort soll laut mehreren Boulevardzeitungen über das nun doch schnellere Impfen entschieden worden sein. Am Donnerstagmorgen versuchte sich Anschober im „Oe1 Morgenjournal“ zu rechtfertigen und versicherte, so wie jetzt sei es von Anfang an geplant gewesen.
Man habe den Verlauf der „Pilotphase“ – von der bis heute Morgen nie die Rede war – abgewartet, bevor man beschlossen habe, den Impfstart vorzuverlegen. Auch davon wusste die Sektionschefin Anschobers im Interview nichts. Eine 28 Seiten lange „Impfstrategie“ hat das Gesundheitsministerium ausgearbeitet – doch der eigentliche Plan dürfte noch dünner sein. Das Chaos ist jedoch kaum zu übersehen. Überrumpelte das Kanzleramt das Gesundheitsministerium? Das wäre eine krasse Überschreitung der Kanzler-Kompetenzen, denn er darf in die Ministerien eigentlich nicht hineinintervenieren. In Österreich gibt es, anders als in Deutschland, keine Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers.